Gewalt an Frauen geht uns alle an!
Ausgangsbeschränkungen bedingen ein Zusammenleben oft auf engem Raum. Dies ist für intakte Familien eine Herausforderung, die gemeistert werden muss. In Familien mit bereits vor dem Lockdown schwieriger Grundvoraussetzung, scheinen diese Schwierigkeiten situationsbedingt (Kündigungen, Kurzarbeitszeit, homeschooling, beengter Wohnraum) kaum zu bewältigen. Eine derart massive Herausforderung fördert Anspannungen und Existenzängste, die wiederum oft in Konflikten entladen werden.
Zudem bemerken wir in unseren Beratungen, dass generell der Umgang mit dem Lockdown unterschiedlichste (alte) Sorgen und Ängste verstärkt aufkommen lässt.
Mordrate in Österreich
Österreich war 2017 das einzige EU-Land, in dem mehr Frauen als Männer ermordet wurden. Vom 48 Mordopfern waren 27 weiblich.
Jede fünfte Frau in Österreich ist ab ihrem 15. Lebensjahr körperlicher und oder sexueller Gewalt ausgesetzt, ergab eine Umfrage der Agentur Europäische Union für Grundrechte. Monatlich werden in Österreich im Schnitt drei Frauen ermordet, zählt der Verein Autonome Frauenhäuser. Die Täter stehen häufig in einem Beziehungs- oder Familienverhältnis zum Opfer und haben nicht gelernt, Konflikte gewaltfrei zu lösen.
Gewalt an Frauen – ein gesamtgesellschaftliches Problem
Gewalt von Männern an Frauen findet sich in allen gesellschaftlichen Schichten, Nationen und Familienverhältnissen. Gewalt an Frauen ist kein Frauenproblem - sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem, das noch mehr aus der Tabuzone geholt werden muss.
Gewaltbeziehungen laufen oft nach ähnlichen Mustern ab. Isolierung von Freunden und Familienangehörigen durch Herabwürdigung derer, bilden oft die Grundlage für wenig Handlungsspielraum der Frauen bei Gewaltübergriffen.
Ein Ausbruch aus Gewaltbeziehungen erfordert Mut
Oft wenden sich Freunde oder Ursprungsfamilie ab, da kaum Verständnis dafür aufgebracht wird, warum Frau nicht sprichwörtlich davon läuft.
Zu Verstehen was es Frauen so schwer macht, aus einer Gewaltbeziehung auszusteigen, ist nicht einfach. Jahrelange Beschimpfungen, Beleidigungen und Herabwürdigungen rufen Gefühle von Angst und Unsicherheit hervor. Täglich dem Risiko ausgesetzt, körperliche Gewalt zu erfahren, in ständiger Angst vor der nächsten Attacke zu leben - immer auf der Hut sein, das ist enorm belastend und krank machend. Folgen davon sind häufig Rückzug, Verstummen und Vereinsamen der Frauen und somit ein Verlust des sozialen Netzes. Eben dieser Verlust von Bezugspersonen und das Schweigen über die Gewaltsituation, macht es dem Gewalttäter möglich, seine Handlungen fortzuführen. Körperliche und psychische Gewalt ist ein ständiger Angriff auf das Selbstbewusstsein eines Menschen. Es braucht eine riesige Portion Mut und oft auch Unterstützung von Hilfsorganisationen von Außen um aus der Gewaltspirale auszusteigen.
Schutzeinrichtungen können helfen
Es hilft betroffenen Frauen zu wissen, dass es vielen anderen ähnlich geht, sie NICHT für das gewalttätige Verhalten des Partners verantwortlich sind und vor allem, dass sie seine Gewalt nicht aushalten müssen. Es gibt in Österreich ein sehr gutes Gewaltschutzgesetz und damit rechtliche Schutzmaßnahmen. Schutzeinrichtungen, wie Frauenhäuser und Frauenübergangswohnungen, können eine Trennung erleichtern.
Gewaltberatungen verdoppelt - Frauenberatungsstelle Inneres Salzkammergut
Die Geschäftsführerin der Frauenberatungsstelle Inneres Salzkammergut Andrea Lantschner berichtet, dass im Frühjahr zur Zeit des Lockdown die telefonischen Beratungen massiv gestiegen sind. „Da die persönlichen Kontakte stark eingeschränkt wurden, sind wir auf telefonische Beratungen umgestiegen. Wir verzeichneten mehr als doppelt so viele Beratungen zum Thema Gewalt – 205 - als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.“ Verdoppelt haben sich auch die Zahlen der Beratungen zu allen anderen Beratungsthemen. „Wir hatten durchschnittlich 16 telefonische Beratungen am Tag – ganz vergleichen lassen sich die Zahlen allerdings nicht, weil im Vergleichszeitraum 2019 mehr persönliche Beratungen durchgeführt wurden, die in der Regel länger als 30 Minuten dauern.“
Für Frauen da – auch im Lockdown!
Die Mitarbeiterinnen der Frauenberatungsstelle sind zu den normalen Öffnungszeiten der Beratungsstelle erreichbar. Die Beratungen erfolgen telefonisch, wenn notwendig auch – unter Einhaltung aller derzeit geltenden Hygienemaßnahmen – persönlich in der Beratungsstelle. Um telefonische Anmeldung wird gebeten. 06132 21331, beratung@frauensicht.at
Nähere Informationen zum Angebot der Frauenberatungsstelle und der Frauenübergangswohnung finden Sie auf der Homepage www.frauensicht.at
Darüber hinaus bietet die Hotline Halt der Gewalt unter 0800 222 555 rund um die Uhr kostenfrei telefonische Beratung an. Das Frauenhaus Vöcklabruck ist ebenfalls rund um die Uhr unter 07672 22722 erreichbar.